Nachführung der parallaktischen Teleskopmontierung GP-DX



1. Teleskopaufstellung:



Parallaktische Montierung

Die Montierung ist mit seinem stabilen Polblock das Bindeglied zwischen Stativ und Teleskop.
Um ein Teleskop auf alle Punkte des Himmels richten zu können, muß es um zwei zueinander senkrechte Achsen drehbar sein.
Der Optiker und Instrumentenbauer Fraunhofer (1787 - 1826) entwickelte die sogenannte "Deutsche Montierung". Bei dieser parallaktischen Montierung liegt eine Drehachse, Stundenachse oder Rektaszensionsachse, parallel zu Erdachse und weist zum Himmelspol. Bei der Drehung des Teleskopes um seine Stundenachse bleibt ein einmal eingestellter Himmelskörper trotz seiner scheinbar täglichen Bewegung am Himmel in der Mitte des Gesichtsfeldes. Senkrecht zur Stundenachse liegt die Deklinationsachse und weist zur Ebene des Himmelsäquators. Durch eine Drehung um die Deklinationsachse können Objekte verschiedener Deklination eingestellt werden. Damit ein Objekt möglichst lange in der Mitte des Bildfeldes bleibt, ist eine genaue Ausrichtung der Stundenachse auf den Himmelspol notwendig.









Poljustierung einer parallaktischen Montierung

Der Himmelsnordpol liegt in einer Winkelhöhe über dem Horizont, die der geograghischen Breite des Beobachtungsortes entspricht. Folglich wird die Polhöhe am Polblock der Montierung z.B. in Düsseldorf auf 51,2° eingestellt. Da der Himmelsnordpol nicht direkt sichtbar ist, muß der ca. 1° entfernte Polarstern als Orientierung dienen. Der Polarstern dreht sich wie alle Sterne in 24 Stunden,
allerdings im geringen Abstand, einmal um den Himmelsnordpol. Bei der GP-DX Montierung der Fa. Vixen ist in dem Rohr der Stundenachse ein kleines Fernrohr als Polsucher eingebaut. Dieser Polsucher hat Einstellscheiben für Datum, Uhrzeit und eine spezielle Skalenplatte zur Justierung der aktuellen Position des Polarsternes. Nach einer genauen Poljustierung mit aktuellen Datum und Uhrzeit genügt es die Stundenachse des Teleskopes gleichmäßig analog zur Erddrehung nachzuführen. Eine ungenaue Ausrichtung einer parallaktischen Montierung erkennt man an einer langsamen Drift der eingestellten Objekte in Deklination.




2. Teleskopnachführung:

Sterntag und Sonnentag 


Die Nachführung eines Teleskopes dient nur einem Zweck:
Ausgleich der Erddrehung bei der Beobachtung astronomischer Objekte.
Zur Erläuterung:
Die Erde dreht sich im Laufe eines Jahres 365 mal um sich selbst und zusätzlich einmal um die Sonne, also 366 mal
gegenüber dem festen Sternhimmel.
Wenn man die Nachführgeschwindigkeit des Teleskopes an der Dauer eines mittleren Sonnentages 24h (unser Kalendertag) einstellt, wird das Himmelsobjekt nicht im Gesichtsfeld bleiben. Im Laufe eines Tages legt die rotierende Erde auch einen beträchtigen Teil ihres Umlaufs um die Sonne zurück. Daher muß sich die Erde gegenüber der Sonne um 1/365 Umdrehung (ca. 1°) weiter drehen als gegenüber dem festen Sternhimmel (Fixsterne).
Unser "Sonnentag" mit 24h ist somit ca. 4 Minuten länger als der "Sterntag" mit 23h 56min 4sec. Deshalb wandert auch der feste Sternhimmel jeden Tag um ca 1° von Ost nach West weiter und wir erleben z.B. Winter- und Sommersternbilder. Wir alle sind Sonnenkinder und deshalb liegt unserer bürgerlichen Zeitrechnung der Sonnentag mit 24h zu Grunde - einfach ausgedrückt: Der Zeitraum von Mittag zu Mittag. Die Nachführung eines Teleskopes muß dagegen auf die Sterngeschwindigkeit eingestellt werden mit 23h 56min 4sec.

Sonnentag -        24h x 60min x 60sec =  86400sec
Sterntag -           23h 56min 4sec        =  86164sec



Teleskopantrieb mit Schneckenradgetriebe

Der Antrieb der beiden Drehachsen RA und DE erfolgt jeweils über ein Schneckenradgetriebe mit angeflanschtem Schrittmotor einschließlich einem Vorgetriebe. Die beiden Schneckenräder haben einen Außendurchmesser von 74mm, haben 144 Zähne und bestehen aus Messing. Die beiden eingängigen Schnecken haben einen Außendurchmesser von 11mm und bestehen ebenfalls aus Messing. Bei einer Umdrehung der Schnecke dreht sich das Schneckenrad um einen Zahn weiter. Die Untersetzung des Vorgetriebes von 10:1 und die Untersetzung des Schneckenradgetriebes von 144:1 ergibt eine Gesamtuntersetzung von 1440:1.




Schrittmotor für den Antrieb des Schneckenradgetriebes




Bei einem Schrittmotor wird die Rotorwelle durch ein schrittweise rotierendes elektromagnetisches Feld der Statorspule um einen festen Winkel gedreht. Er folgt exakt dem außen angelegten Feld und kann ohne Sensoren zur Positionsrückmeldung (z.B. Encoder) genau betrieben werden. Die Drehbewegung entsteht durch gezieltes Ein- und Ausschalten einzelner Wicklungen. Werden die Strompulse in ausreichend schneller zeitlichen Abfolge erzeugt, ergibt sich eine scheinbar kontinuierliche Drehbewegung der Motorachse. Um die Position des Rotors zu bestimmen, genügt es die Schritte zu zählen und mit dem Schrittwinkel zu multiplizieren. Dabei gibt der Schrittwinkel an, um wieviel Grad sich die Achse bei einem Vollschritt bewegt. Der Schrittwinkel beträgt z.B. 1,8°, wobei dann für eine volle 360° Umdrehung 200 Vollschritte notwendig werden.
Für einen besonders homogenen Verlauf werden Schrittmotoren mit einem gleichförmigen Drehfeld angesteuert.







Berechnung der Getriebeuntersetzung

Die Nachführgeschwindigkeit der Motorsteuerung ist auf die Rotationsdauer der Erde (Sterntag)  23h 56min 4sec =
86164sec voreingestellt.
Für eine Umdrehung des Schneckenrades muß entspr. der Getriebe-Untersetzungen der Motor 200x10x144 = 288000 Schritte durchführen. 


1 Umdrehung im Winkelmaß entspricht        360°                21600'                1296000"
1 Umdrehung für 1 Sterntag entspricht         23h56min         1436min              86164sec

Eine Umdrehung des Schneckenrades entspricht 1 Umdrehung des Telekops gleich 1Sterntag.
288000 Schritte : 86164 sec = 3,3425 Hz pro Vollschritt oder 6,685 Hz pro Halbschritt
Das ist die Taktfrequenz, mit der der Motor angesteuert werden muß.

Der Lauf des Schrittmotors ist nicht kontinuierlich, sondern erfolgt ruckartig.
Es ist wichtig zu wissen, wie groß der Schrittwinkel der Motorwelle
von 1,8° im Teleskop erscheint.
Die Motorwelle macht für einen Sterntag 288000 Schritte. Für 1 Umdrehung des Telekops ausgedrückt im Winkelmaß bedeutet dies:
1296000"  : 288000 Schritte = 4,5" pro Vollschritt oder 2,5" pro Halbschritt
Das ist der Schrittwinkel am Teleskop.



Mikroschritt-Betrieb
Im Vollschritt- oder Halbschritt-Betrieb werden die Ströme in den um 90° versetzten Wicklungen A und B des Schrittmotors nach festgelegten Mustern ein- und ausgeschaltet. Bei jedem Schaltvorgang dreht sich der Motor schlagartig,
mit einem Go und Stop um seinen Schrittwinkel von 1,8° weiter.

Beim Mikroschritt-Betrieb werden die Ströme nicht ein- und ausgeschaltet, sondern ändern sich kontinuierlich mit
dem Winkel des Drehfeldvektors I und den daraus resultierenden Sinus- und Cosinus-Komponenten . Jeder Schritt wird zusätzlich in 64 Mikroschritte treppenförmig unterteilt und somit einem Sinusverlauf angenähert. Man ereicht damit einen sanften, gleichmäßigen Lauf ohne Resonanzerscheinungen. Der Schrittwinkel am Teleskops verringert sich dabei auf 4,5" : 64 = 0.07" und liegt damit unterhalb des Standard-Seeings von ca. 2".



Die oben beschriebenen Maßnahmen reichen für eine visuelle Beobachtung vollkommen aus:
1. Polblock der parallaktischen Montierung auf die Polhöhe des Beobachtungsortes einstellen
2. Stundenachse mit einem Polsucher auf die aktuelle Stellung des Polarsternes einstellen
3. Motorische Nachführung auf Sterngeschwindigkeit einstellen
4. Mikroschritt-Steuerung gewährleistet hohe Laufruhe ohne Resonanzerscheinungen


Für die Langzeit-Fotografie >1min. müssen, trotz des bereits recht hohen Aufwandes, weitere Maßnahmen getroffen werden.
Die sonst runden Sternabbildungen würden zu kleinen Strichen auseinandergezogen werden.
Der Grund hierfür liegt in den Fertigungstoleranzen und im mechanischen Spiel der handelsüblichen, bezahlbaren Schneckenrad-Getriebe. Kleinste Unregelmäßigkeiten lassen die Nachführgeschwindigkeit minimal schwanken.
Ein Stern pendelt mit motorisierter, aber unkontrollierter Nachführung im Okular langsam hin und her.
Dieser wiederkehrende Fehler heißt Pendelfehler oder "Periodischer Schneckenfehler", da er nach
jeder Schnecken-Umdrehung erneut auftritt.
Abhilfe schafft hier das sog. "Autoguiding", d.h. eine genaue Kontrolle und Korrektur der motorischen Nachführung während einer Langzeitbelichtung.




siehe Kapitel "Automatische Nachführung"